1. Eine sog. kommunale Eigengesellschaft, d. h. eine Gesellschaft des Privatrechts, die von der Gemeinde (ganz oder mehrheitlich) beherrscht wird, ist nicht „Dritter“ im Sinne von § 124 Abs. 1 BauGB.
2. Somit ist der Erschließungsvertrag nichtig. Dafür waren im Wesentlichen folgende Erwägungen maßgeblich: Die Erschließung der Grundstücke im Gemeindegebiet ist grundsätzlich Aufgabe der Gemeinde (§ 123 Abs. 1 BauGB). Zur Deckung der ihr dadurch entstandenen Kosten erhebt die Gemeinde Erschließungsbeiträge gemäß den §§ 127 ff. BauGB. Die Kosten dürfen nur für bestimmte Anlagen von den Grundstückseigentümern gefordert werden; zudem muss die Gemeinde 10% des beitragsfähigen Aufwandes selbst tragen. Sie kann die Erschließung aber auch durch Vertrag auf einen Dritten übertragen (§ 124 Abs. 1 BauGB). Dieser sog. Erschließungsträger wälzt im Rahmen eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts die ihm entstandenen Kosten unter Einkalkulierung eines Gewinns auf die Eigentümer bzw. Käufer der im Erschließungsgebiet gelegenen Grundstücke ab. Dabei ist der Erschließungsträger von den genannten Einschränkungen des Beitragsrechts befreit.
3. Der Gesetzgeber hatte dabei einen privaten Erschließungsunternehmer als Investor vor Augen, der seine Entscheidungen unabhängig von der Gemeinde trifft. Denn der Verzicht auf den Schutz des beitragsrechtlichen Vorteilsprinzips ist allein dadurch zu rechtfertigen, dass die Bereitschaft eines Investors zur vertraglichen Übernahme der Erschließung regelmäßig nur dann bestehen wird, wenn die Nachfrage nach Baugrundstücken in der Gemeinde so hoch ist, dass die Erschließung eine über den beitragsrechtlichen Erschließungsvorteil hinausgehende allgemeine Wertsteigerung der Grundstücke im Erschließungsgebiet erwarten lässt. Die vorliegende Konstellation einer gemeindlichen Eigengesellschaft ist damit nicht vergleichbar; diese ist kein „Dritter“ im Sinne von § 124 Abs. 1 BauGB. Ihre Einschaltung würde praktisch und wirtschaftlich darauf hinauslaufen, dass die Gemeinden „im Mantel eines Privaten“ vertraglich die Erschließungskosten auf die Eigentümer bzw. Käufer abwälzen könnten, ohne den Begrenzungen des Beitragsrechts zu unterliegen.
4. Die Beklagte des Streitfalls ist eine Erschließungsgesellschaft in Gestalt einer GmbH, deren einzige Gesellschafterin die beigeladene Gemeinde ist. In einem Erschließungsvertrag mit dieser Gesellschaft hatte die Gemeinde ihr die Erschließung eines Neubaugebiets übertragen und die Umlegung der Erschließungskosten auf die Eigentümer der unbebauten Grundstücke vereinbart.
-BVerwG, 01.12.2010 – 9 C 8.09-