Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können. Tarifverträge, die für Leiharbeitnehmer ein geringeres Arbeitsentgelt vorsehen, als es vergleichbare Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten, hat u.a. die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) mit Arbeitgeberverbänden der Leiharbeitsbranche geschlossen. Nachdem der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts am 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 -, vgl. Pressemitteilung Nr. 93/10) festgestellt hat, dass die CGZP nicht tariffähig ist, haben bundesweit zahlreiche Leiharbeitnehmer auf Nachzahlung der Differenz zwischen der von ihren Arbeitgebern gewährten Vergütung und der eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers geklagt. In fünf dieser Verfahren hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts heute über die Revisionen verhandelt und entschieden. Dabei ist er von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
1. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen. Leiharbeitnehmer, in deren Arbeitsverträgen auf die von der CGZP abgeschlossenen „Tarifverträge“ Bezug genommen ist, haben nach § 10 Abs. 4 AÜG Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten hat.
2. Etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.
3. Soweit in neueren Arbeitsverträgen neben oder anstelle einer Verweisung auf CGZP-Tarifverträge auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15. März 2010 Bezug genommen wird, ist eine solche Klausel intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn sich nicht ersehen lässt, welches der tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll.
4. Der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG wird zu dem arbeitsvertraglich für die Vergütung vereinbarten Zeitpunkt fällig. Er unterliegt wirksam vereinbarten Ausschlussfristen. Insbesondere darf die Verfallfrist drei Monate nicht unterschreiten. Zur Verhinderung des Verfalls genügt eine Geltendmachung des gesetzlichen Anspruchs dem Grunde nach.
5. Der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Leiharbeitnehmer Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Dafür reicht die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von den Tatsachen. Auf seine rechtliche Beurteilung der Tariffähigkeit der CGZP kommt es nicht an.
6. Der Entgeltanspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG besteht während der Dauer der Überlassung an ein entleihendes Unternehmen. Zu seiner Berechnung ist ein Gesamtvergleich aller Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Dabei bleibt Aufwendungsersatz außer Betracht, es sei denn, es handelt sich um “verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt.
-BAG, Urt. v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11-