Auch vor dem 25. Lebensjahr liegende Beschäftigungszeiten müssen bei der Berechnung der Kündigungsfrist berücksichtigt werden

Die Regelung in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach vor Vollendung des 25. Lebensjahrs liegende Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden, verstößt gegen das Gemeinschaftsrecht. Hierin liegt eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters.

Gründe:

§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78. Indem vor Vollendung des 25. Lebensjahrs liegende Beschäftigungszeiten bei der nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelten Kündigungsfristen nicht berücksichtigt werden, werden in jungen Jahren in einen Betrieb eingetretene Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmergruppen benachteiligt. Die Richtlinie 2000/78 erlaubt zwar unter bestimmten Voraussetzungen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters – u.a. wenn diese durch ein legitimes Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Mit § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB sollte den Arbeitgebern im Hinblick auf jüngere Arbeitnehmer, denen eine größere berufliche und persönliche Mobilität zuzumuten ist, eine größere personalwirtschaftliche Flexibilität verschafft werden. Die Vorschrift stellt jedoch keine angemessene Maßnahme zur Erreichung dieses – grds. legitimen – Ziels dar. Denn die Regelung gilt unabhängig davon, wie alt der vor Vollendung des 25. Lebensjahres in den Betrieb eingetretene Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ist, und kann damit auch ältere Arbeitnehmer betreffen.

-EuGH 19.01.2010, C-555/07-