1. Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3, 4 VOB/B darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften i. S. des § 5 Abs. 3 VOB/B.
  2. In der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen kann eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.
  3. Nach einer berechtigten Kündigung gem. § 8 Abs. 3 VOB/B oder nach einer Kündigung aus wichtigem Grund (jetzt § 648a Abs. 1 BGB n.F.) hat der Auftraggeber Anspruch auf Erstattung der für die Fertigstellung entstehenden Mehrkosten. Dabei ist der Auftraggeber nach § 254 BGB verpflichtet, die Fertigstellungskosten in angemessenen Grenzen zu halten. Im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB ist der Einwand des Auftragnehmers zu prüfen, der Auftragnehmer habe einen unnötig teuren Unternehmer ausgewählt.
  4. Bewegt sich die Schlussrechnung des mit der Fertigstellung beauftragten Unternehmers insgesamt im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen, ist es unerheblich, wenn einige Einzelpreise als nicht mehr ortsüblich und angemessen angesehen werden können.
  5. Soweit nach der Kündigung eines Bauvertrags Schadensersatzansprüche des Auftraggebers, aber auch Vergütungsansprüche des Auftragnehmers für erbrachte Leistungen bestehen, stehen sich diese Ansprüche aufrechenbar gegenüber. Es findet keine automatische Verrechnung statt.

-LG Heilbronn, Urt. v. 21.03.2024 – 3 O 155/21, nach IBR-Online-