Eine berufsständische Vertretung darf nach dem Unionsrecht für ihre Mitglieder nicht ein System von Pflichtfortbildungen vorsehen, das teilweise den Wettbewerb ausschaltet und das diskriminierende Bedingungen zum Nachteil von Wettbewerbern auf dem Fortbildungsmarkt schafft. Die Berufsständische Vertretung für geprüfte Buchhalter (Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas, OTOC) ist ein portugiesischer Berufsverband, in dem geprüfte Buchhalter Mitglied sein müssen. Nach einem Erlass der OTOC müssen geprüfte Buchhalter in Portugal im Zeitraum der jeweils letzten beiden Jahre jährlich durchschnittlich 35 Punkte durch Fortbildungen erwerben, die von der OTOC erteilt werden oder anerkannt sind. Dabei sieht ein weiterer Erlass der OTOC über den Erwerb dieser Fortbildungspunkte zwei Arten von Fortbildungen vor. Zum einen ist eine „institutionelle Fortbildung“ (mit einer Dauer von bis zu 16 Stunden) vorgesehen, mit der die Berufsangehörigen für Gesetzesinitiativen und -änderungen sowie für Fragen ethischer und berufsrechtlicher Art sensibilisiert werden sollen. Diese Fortbildung kann nur von der OTOC erteilt werden, und jeder geprüfte Buchhalter muss in der institutionellen Fortbildung jährlich zwölf Punkte erwerben. Zum anderen ist eine „berufliche Fortbildung“ (mit einer Moduldauer von mindestens 16 Stunden) vorgesehen, die Studientagungen zu beruflichen Themen umfasst. Diese Fortbildung kann von der OTOC, aber auch von bei ihr registrierten Einrichtungen erteilt werden. Die Entscheidung darüber, ob eine Fortbildungseinrichtung von ihr registriert wird und ob von diesen registrierten Einrichtungen angebotene Fortbildungsmaßnahmen jeweils anerkannt werden, trifft die OTOC nach Entrichtung einer Gebühr.
-EuGH, Urt. v. 28.02.2013 – C-1/12-