Die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass einer Sperrgebietsverordnung in Art. 297 des Einführungsgesetzbuchs zum Strafgesetzbuch (EGStGB) ist nicht dahin eingeschränkt, eine Sperrgebietsverordnung dürfe eine öffentlich nicht wahrnehmbare Ausübung der Prostitution nur unter der Voraussetzung unterbinden, dass sie eine konkrete Belästigung der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinungen der Prostitution hervorruft. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Nach Art. 297 EGStGB kann zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes für Teile des Gebiets einer Gemeinde durch Rechtsverordnung verboten werden, der Prostitution nachzugehen. Die Legalisierung der Prostitutionsausübung nach Maßgabe des Prostitutionsgesetzes aus dem Jahr 2001 schließt es nicht aus, durch den Erlass von Sperrgebietsverordnungen eine lokale Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen zu bewirken. Der Jugendschutz sowie die Wahrung des öffentlichen Anstandes sind legitime Gemeinwohlziele. Auch unterhalb der polizeirechtlichen Gefahrenschwelle dürfen die betreffenden Schutzgüter vor erheblichen Beeinträchtigungen bewahrt werden. Der Schutz des öffentlichen Anstands erfordert dabei, dass die Eigenart betroffener Gebiete durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen, gekennzeichnet ist, und dass daher eine nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen und milieubedingte Unruhe, wie z.B. das Werben von Freiern und anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, befürchten lassen muss. Für den Erlass einer Verordnung genügt die Prognose, dass das verbotene Verhalten in hinreichender Weise die abstrakte Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung begründet.
-BVerwG, Urt. v. 17.12.2014 – 6 C 28.13–