1. Grundsätzlich dienen die Vorschriften über die Zuständigkeit nicht dem Schutz des Nachbarn, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Verwaltungsverfahren. Daher entfaltet auch § 48 Abs. 2 LBO-BW weder allgemein noch in Bezug auf einen Dritten, der Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben hat, drittschützenden Charakter, wenn der Bauherr einen Anspruch auf die Baugenehmigung hat.
  2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die sachlich zuständige Baurechtsbehörde Ermessenserwägungen im Hinblick auf nachbarschützende Regelungen anzustellen hat. Insofern muss aber die Verletzung materieller Rechtspositionen im Rahmen der Ermessensausübung zumindest möglich erscheinen. Steht dem Bauherrn hingegen ein (gebundener) Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung zu und sind Ermessenserwägungen nicht anzustellen, kommt § 48 Abs. 2 LBO-BW keine nachbarschützende Funktion zu.
  3. Daran fehlt es, wenn es sich bei der angefochtenen Baugenehmigung um eine gebundene Entscheidung nach § 34 Abs. 1 BauGB handelt und keine Ausnahmen oder Befreiungen von drittschützenden materiell-rechtlichen Bestimmungen erteilt wurden, die eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätten.
  4. § 48 Abs. 2 LBO-BW ist weder direkt noch analog auf den Fall anzuwenden, dass die Baurechtsbehörde des Landratsamts über einen Bauantrag einer anderen Behörde des Landratsamts zu entscheiden hat.

-VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 09.11.2023 – 5 S 1096/23, nach IBR-